Auswanderungsgeschichten
Obwohl die Sespenröther alle aus einem einzigen kleinen Dorf stammten, unterschieden sich ihre Schicksale nach der Auswanderung erheblich.
Obwohl die Freiheitsstatue auf Liberty Island erst 30 Jahre nach der Reise gebaut wurde, staunen die 48 Westerwälder an Bord nicht schlecht, als am Horizont die leuchtend roten Backsteinhäuser von Manhattan erscheinen. Es war das Tor zur neuen Welt. Die meisten Westerwälder sind von 1840 bis 1860 nach Amerika gezogen. In acht Wochen auf dem schwankenden Boot haben die flüchtigen Vieles erlebt. Die Sespenröther sind keine guten Seefahrer, einige von ihnen sind sogar im Gelbach ertrunken, aber dennoch haben alle Auswanderer die Überfahrt überlebt. Es wurden Passagierlisten mit Namen, Herkunft, Alter und Berufen geführt, weil es blinde Passagiere hätte geben können.
Ein Beispiel für eine Auswandererfamilie ist die Familie Brühl-Geiger. Sie sind nach Brillion, Wisconsin ausgewandert und bauten sich dort eine eigene Farm auf. Sie lieferten Milch für die Käseindustrie des Landes. Andere aus der Familie machten sich selbständig oder besuchten die Universität.
Doch auf den verschiedenen Listen sieht man noch weitaus mehr Auswandererfamilien, die im 18. Jahrhundert nach Amerika, Russland oder Australien ausgewandert sind. Viele kamen aus Hollar, Sespenroth, Welschneudorf und Kadenbach. Meistens sind die Familien mit allen Familienmitgliedern ausgewandert. Man merkt, dass alle Namen typischen Deutsch waren, z.B. Eichelmann Christian oder Fries Anna-Marie. Die Meisten sind im Zeitraum zwischen 1840 und 1860 weggezogen. Die meisten Familien wanderten nach Texas oder Nordamerika und bauten sich dort eigenen Farmen auf. Aber auch die Auswanderer, die in andere Staaten zogen, haben sich in der Landwirtschaft versucht, denn diese war damals eine der Haupteinnahmequellen.
Der letzte Tag in Sespenroth-
fiktiver Tagebucheintrag einer Bewohnerin
Liebstes Tagebuch, 29.03.1853
Mein letzter Tag in Sespenroth bricht an. Traurigkeit umspült meine Sinne. Es ist Osterdienstag, der 29.03.1853. Zum letzten Mal bin ich mit meiner geliebten Familie in der Nentershäuser Kirche, um zu Gott zu blicken und ihn zu bitten, uns zu verschonen auf dieser gefährlichen Reise. Meine Mama betet eine ganze Stunde, ich merke ihr an, dass es ihr nicht wohlergeht, unser geliebtes Heimatland zu verlassen. Meinem Papa kümmert es recht wenig, er ist bereit für ein neues, besseres Leben. Nur wenig darf für unsere lebensverändernde Reise mitgenommen werden. Ich bin selbst zutiefst erschüttert, dass wir diese Reise uns antun, aber diese Neue Welt erwartet uns. Einige Tage später sind wir mit einem Schiff Richtung Amerika unterwegs. Übelkeit steigt in mir auf. Meine erste Erfahrung auf dem Schiff ist schockierend. Es gibt nichts Richtiges zu essen oder zu trinken wurde uns im Vorfeld gesagt, von Waschmöglichkeiten ganz zu Schweigen. Aber für ein neues Leben müssen manche Hürden übersehen werden. Krankheiten gibt es auf dem Schiff auch. Meine größte Angst ist, dass meiner Familie etwas passieren kann. Da stört mich meine Platzangst überhaupt nicht.
,,Irgendwo im Nirgendwo soll das beste Leben sein. ‘‘, wurde uns gesagt. Ob dies zutrifft, werde ich erst später erfahren. Ich hoffe auf ein wunderschönes Haus, weites Ackerland, viel Platz für mich und meine Geschwister und vor allem das meine Familie ein besseres Leben hat als in Sespenroth.